4. „I’m still sanding“ and feiling

Mein Freund, die Bandsäge

Nach einem gemütlichen Frühstückskaffeetrinken ging es wieder in die Werkstatt. Ich war schwer gespannt, wie meine beiden zusammen geleimten Holzstücke die Nacht in der Presse überstanden haben… aber alles gut! Danach kam der Teil des Tages, der am meisten Konzentration, Blut, Schweiß und Sägemehl verbraucht hat: das Aussägen des Korpus. Es ist ja nicht so, dass diese olle Maschine mal sägen würde, wie man es sich insgeheim vorstellt. Nein, sie hat auch ein Eigenleben und sie möchte vor allem geführt werden. Das heißt, wenn eine Kurve ansteht – und davon hat eine Les Paul nun mal viele – sollte man deren Verlauf schon antizipieren und ein wenig früher eingelenkt haben. Falls man das vergisst, heißt es: Maschine ausschalten, Sägeblatt zurückschieben, bisschen stärker einlenken und weiter geht es. Ziel ist es, knapp außerhalb der Bleistiftmarkierung zu bleiben, welche den äußersten Rand des Korpus definiert. Das war doch manchmal etwas eng… andererseits möchte man auch nicht zu viel Holz stehen lassen, denn das muss ja später alles weg. Nur dann anstatt mit der Maschine mit der Handfeile und Sandpapier.

Mein zweitbester Freund, die Feile

Nach dem Aussägen war also Feilen angesagt. Das Tagesmotto müsste eigentlich lauten „Tonholz feilen und schmirgeln“. Der Trick ist, mit der ganzen Hand immer wieder zärtlich über die Flanken der Paula zu streicheln, um wirklich alle Unebenheiten zu spüren. Die müssen dann weg. Auch die Brandmarken im Holz, die von verzweifelten Kurskorrekturversuchen der Bandsäge stammen, müssen verschwinden. Ganz zu schweigen von ins Holz gehackten Kerben mit dem Sägeblatt. Die inneren Rundungen können zum Glück mit der Maschine geschliffen werden.

Das Angleichen der Form mit der Feile beschäftigt einen erstmal den längsten Teil des Tages, zusammen mit dem Abschmirgeln („sanding“) der schmalen Seiten des Korpus. Daher auch Nadav’s freie Interpretation von Elton John’s Hit „I’m still sanding“. Mit Schmirgeln sollten wir auch die nächsten Tage noch reichlich beschäftigt sein.

Mein allerbester Freund, die Geduld

Der Trick beim Abrunden der Kanten (und eigentlich beim Bauen der Gitarre insgesamt) besteht darin, immer nur kleine Schritte zu machen. Am Ende sieht das Ergebnis zwar wie eine dahingezauberte Gitarre aus, in Wahrheit wurde sie aber doch nur mit Wasser gekocht. Immer ein Schritt nach dem anderen. Das klappt sogar für durchschnittlich begabte Schreinergesellen wie mich ganz hervorragend.

Die Kanten wurden also zunächst im 45 Grad Winkel mit der groben Feile abgeflacht. Die neu entstandenen zwei Kanten wurden dann ihrerseits wieder mit einer feineren Feile im halben Winken gefeilt. Danach geht man mit Sandpapier drüber und hat, voilà, eine zauberhaft schöne, abgerundete Kante mit etwa 5 mm Bogendurchmesser. Indem man mit dem Sandpapier beim Schleifen dem Faserverlauf des Holzes folgt, vermeidet man später sichtbare Schleifspuren. Tipps dieser Art hat Ekki immer parat.

Bruno hatte leider nicht so viel Glück. Der Leim, der seinen Korpusboden mit der Decke verbinden sollte, hat nicht gehalten und er musste noch mal neu verleimt werden. Später am Abend dann ein drittes Mal. Wollte einfach nicht halten, trotz Presse und Schraubzwingen. Dieses Wenge-Holz sollte später auch bei meinem Hals etwas problematisch werden, allerdings wird es dort nur als dünner Trennstreifen verwendet.

Nadavs Gitarre macht fast dieselben Schritte durch wie meine. Da es sich um einen Tele-Body aus Massivholz handelt, braucht er natürlich keine aufgeleimte Decke. Dafür hat er sich für eine Aussparung auf der Rückseite entschieden, welche dafür sorgt, dass keine harte Kante direkt in den Bauch drückt. Ich wollte das nicht, denn meine Klampfe darf ruhig kantig sein. Wie der Herr so’s Gescherr.

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